The Fear of Missing out – über den Unterschied zwischen denen, die was sagen und jenen, die was zu sagen haben. 

Ein Hype, wie er im Bilderbuch steht. Stars, Sternchen, Promis und weniger Prominente waren die ersten...und ja natürlich die „Early Adopter“...sie haben letzte Woche auf sämtlichen Social Media-Kanälen damit geprahlt, bei Clubhouse zu sein. Denn in Linkedin und Facebook seinen „Room“ zu bewerben hat genau nur einen Sinn: die Welt wissen zu lassen, dass man zu den Auserwählten zählt. Aus Neugier und weil ich ja doch die Medienbranche kennen sollte, hab auch ich meine Einladung angenommen und spazierte so durch die Rooms...hörte Fremden und weniger Fremden, bekannten und weniger bekannten Menschen beim Quatschen zu – über Themen, die mich mehr oder weniger interessieren. „Eh nett“ könnte ich als freundliche Zusammenfassung sagen. Irgendwo eine Mischung zwischen Radiotalkshow und Podcast, nur weniger professionell und die Protagonisten sind die Linkedin-Kontakte. Es zeigt sich einmal mehr, dass Journalisten als Gatekeeper durchaus ihre Berechtigung haben... Denn egal auf welchem Kanal, in welchem Medium und in welchem Jahrzehnt, die Gruppe derer, die was sagen und jener, die was zu sagen haben, ist nicht immer deckungsgleich. Der Hype um Clubhouse hat auf jeden Fall perfekt funktioniert. Den Machern muss man applaudieren. Sie verstehen die Kunst der künstlichen Verknappung. Denn egal, ob bei Partys in den späten 80ern oder 2021 bei Clubhouse, die Angst, was zu versäumen und der Wunsch dazuzugehören bleiben konstant und überdauern alle Trends. 

 

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How to expect the unexpected – oder warum Planlosigkeit der neue Plan ist

Das Kommunikationskonzept...ein bisschen unser Heiligtum, denn es verleiht unserer Arbeit vor allem die strategische Dimension...nein, wir PR-Pros arbeiten nicht nur in den Tag hinein, sondern wir definieren gern Kommunikationsziele, tüfteln an der Strategie und entwickeln darauf aufbauend einen kreativen Maßnahmenmix, den Kommunikationsplan. Das alles setzt voraus, dass man so ungefähr die Rahmenbedingungen kennt, die Situation abschätzen und einschätzen kann. Tja, das galt für das Life vor dem Jahr 2020. Unsere Pläne für 2020 sind heute eher in der Rundablage zu finden... Nur: Was machen wir nun mit 2021? Immerhin wissen wir, dass wir nicht planen können. Das ist schon eine Erkenntnis mehr als noch 2020. Also: Wir bereiten uns auf Eventualitäten vor, wir erwarten einfach das Unerwartete... Wir haben ein – eventuell nebuloses – Ziel, wir haben eine Situation, mit der wir gelernt haben umzugehen und wir sind flexibel, mutig und spontan...was gibt’s Besseres...klingt nach dem perfekten Plan in einer planlosen Zeit.

 

 

 

„Wir sind für Sie da“ – über Plattitüden, Kriegsgewinnler und selbstlose Selbstdarsteller

Mein Fitness-Center ist „für mich da“ – hmmm, nein, ihr seid behördlich geschlossen. Mein Energie-Versorger ist „für mich da“ – na hoffentlich... Und jedes einzelne Hotel, in dem ich die letzten 15 Jahre übernachtet habe... Die Flut an „Wir sind für Sie da“-Mails ist ein digitaler Tsunami in meiner Inbox. Was ich daraus lerne? 1. Ich sollte das eine oder andere Mal vielleicht eine Fake-E-Mail-Addy angeben und 2. finde ich aus Kommunikationsperspektive die Kunden-Corona-E-Mails zu 95% vollkommen entbehrlich und zumeist kontraproduktiv. Es ist der falsche Zeitpunkt für Plattitüden, es ist der falsche Zeitpunkt fürs Verkaufen und es ist der falsche Zeitpunkt für „selbstlose“ Selbstdarsteller. Stiftet mein E-Mail, mein Posting, mein Beitrag einen sinnvollen Nutzen? Wenn ja, dann raus damit. Wenn nein, dann lass es sein. Es kommt eine Zeit nach Corona, da können wir dann wieder Kommunikations-, Marketing- und Sales-Maschinerien hochfahren und da wär’s dann gut, wenn wir ein positives, sympathisches Image hätten...und nicht das eines gescheiterten Kriegsgewinnlers. 

 

Wer sind noch mal diese Kansas City Chiefs? – über J.Lo, Budweiser, das Eigentliche und das Andere

Die Superbowl, das angeblich größte Sportereignis der Welt. Sport eventuell. Ereignis auf jedem Fall. American Football geht trotz meiner überbordenden Amerika-Liebe nicht ganz an mich heran, aber dennoch sind am Tag nach der Superbowl meine Newsfeeds auf Facebook, Instagram und gar Linkedin voll damit. Nur nicht mit dem Ereignis an sich, sondern mit den Links zur perfekt inszenierten Pausenshow von den Latino-Queens J.Lo und Shakira, mit der Diskussion in Frauenzeitschriften, wie man denn knapp vor und in den Wechseljahren noch so fabelhaft aussehen kann, mit den Kommentaren der etwas kritischeren Frauenzeitschriften, dass dies nun wahrlich ein falsches Bild vermittle… Meine Fachliteratur zu Kommunikation und Marketing bietet Abstimmungen und Auswertungen, ob nun Budweiser oder Hyundai den besten Werbespot ins Rennen geschickt hat…und in diesem Moment wird mir klar, dass wir hier ein wundervolles Beispiel dafür haben, wenn das Andere das Eigentlich überflügelt…eigentlich sollte es um Sport gehen, das Finale, die Vince Lombardi Trophy…eigentlich…aber irgendwie hat es das Andere geschafft, im Mittelpunkt zu stehen! Denn wer sind nochmal diese Kansas City Chiefs…und gegen wen haben sie jetzt gewonnen…ach ja, die San Francisco 49er…und ich gebe zu, das musste ich jetzt nachschauen!

 


Der wundersame Aufstieg des Dilettantismus – der neue Mut zu Low-Key in einer High-End-World

Der Pressesprecher schießt die Fotos vom Event und postet sie sofort. Der Livestream von der Eröffnung wird mit dem iPhone gedreht. Den 60-Minuten-Podcast hostet ein Manager ohne Sprechausbildung. Alles ohne Schnitt. Unsere Medien sind voll mit Amateurvideos, Amateurfotos, Amateur-Audiofiles. Parallel dazu wird alles professioneller und aufwändiger: Der Werbespot auf Hollywood-Niveau, das Porträt-Shooting à la Vogue-Cover... Bei allem Profi-Glamour hat das Hemdsärmelige, Ehrliche...Dilettantische...noch immer oder eher wieder seinen Platz gefunden. Marketing- und PR-Pros wissen dies mittlerweile smart einzusetzen und haben den Mut, Low Key zu gehen in unserer High-End-World. Nur da stellt sich dann die Frage: Warum wohl funktioniert das? Zum einen, weil wir in den Tiefen unserer Herzen das Ehrliche, Echte und Unvollkommene lieben, zum anderen, weil genau diese Art der Kommunikation Vertrauen schafft und Vertrauen eine der höchsten Währungen in der Medienwelt von 2020 ist. Das heißt jetzt nicht, dass alles Professionelle schlecht und alles Dilettantisch-Gemachte gut ist. Nein, aber eine gute Message und wertvoller Content braucht nicht immer die ganze Maschinerie. 

 

Privacy please – über die Disharmonie von Badehosen und Quanten-Computing

Der Schnappschuss vom Tauchurlaub auf Curacao, das Familienfoto mit Mickey Mouse in Anaheim, das Bild vom jüngsten Zahnarzt-Besuch – bei manchen Managern, Promis und ja, auch Politikern scheint die Privacy gänzlich abgeschafft zu sein. Sie nutzen ihr Privatleben, ihr Umfeld und ihre Freizeitaktivitäten als eigenes Kommunikationstool. Was einst mit gelegentlichen Homestorys startete und Influencer zu ihrem Geschäftsmodell entwickelt haben, bringt überambitionierte social-media-affine Manager zum Positionierungs-Gau. „Ich hab auf kein anderes Posting je mehr Likes gehabt“ ...“Na dann muss es ja richtig sein“ ...hmmm, Likes sind allerdings nicht Selbstzweck...nur so nebenbei. Wenn ich mich als kompetenter Experte, ernstzunehmender Manager oder professioneller Politiker positionieren möchte, sollte ich eventuell auf das dritte private LinkedIn-Posting diese Woche verzichten. Denn sonst steh ich ganz schnell in der falschen Ecke und könnte Mühe haben, da wieder raus zu kommen, weil mir dann schlicht die Glaubwürdigkeit abhanden kommt, wenn ich mal wieder die nächsten Quartalszahlen präsentieren oder Quanten-Computing erklären muss. Ja, dem einen oder anderen würde es guttun, etwas Menschlichkeit zu zeigen, und dann ist der gelegentliche Blick durchs Schlüsselloch in Vorstandsetagen ein spannendes Element. Aber generell gilt dennoch: Privacy please! 

 

What happens in Vegas, stays in Vegas - über trügerische Freiheit, Ibiza und George Orwell

Er ist vermutlich der beste Slogan der Tourismusbranche. Er steht für die Freiheit, tun zu können was man will und dies ohne weitere Konsequenzen: What happens in Vegas, stays in Vegas. Die gewieften Werbetxter der Glücksspiel-Metropole in der Wüste Nevadas haben damit ein Versprechen kreiert, das fortan für alle Partyorte dieser Welt galt...Vegas, Bangkok, Mykonos, Obertauern...und Ibiza. Schlechtes Benehmen erlaubt, für jeden. Für jeden? Nicht ganz. Denn die eine oder andere Spezies genießt nicht die Freiheiten wie der anonyme Normalo...Promis zum Beispiel. Aber Promis setzen vermeintliche Mitschnitte ihrer Ausrutscher gern zur Imagebildung aktiv ein. So kann man wunderbar den Bad Boy markieren, den geläuterten Partytiger... tja und dann wären da noch Politiker. Für Politiker gelten andere Gesetzte...juristisch nicht, in der Öffentlichkeit sehrwohl... Es gibt kein „Off the records“, ihr Lieben, es gibt kein Off-Duty. Es hat halt nicht nur Vorteile „more equal than the others“ zu sein, um es mit George Orwell zu sagen.

 

Since 1848... über den Stellenwert von Tradition, wenn Innovation alles ist

Jung, fesch, neu...total innovativ, am besten ein Start-up, im Zweifelsfall disruptiv...das sind die üblichen Erfolgsstorys, die wir nach draußen tragen und von den Medien vorgesetzt bekommen. Aber es ist nicht jedes Unternehmen “founded 2019”. Da gibt es die mit der Geschichte...Familienunternehmen, vielleicht gar Hidden oder weniger Hidden sondern Famous Champions. Sie haben Wirtschaftskrisen, Weltkriege, Börsegänge, Börsecrashs und echte Revolutionen überlebt, sich neu aufgestellt und weiterentwickelt, Innovationen auf den Markt gebracht, sich selbst neu erfunden...immer und immer wieder. Wenn nun ihre Produkte ähnlich sexy & edgy sind, können sie dann im öffentlichen Wettbewerb mit den gründenden Hipsters mithalten? Denn die Positionierungsfrage an dieser Stelle lautet: Streichen wir die History und posaunen wir die Super-Story zur Innovation raus, oder klopfen wir uns stolz auf die Brust und sagen, das kommt aus einer Company mit Geschichte. Ich finde – aus tiefster Seele und von ganzem Herzen – diese History einer Company macht den Unterschied aus. Wir dürfen dies nicht verstecken. Aus einem Erbe etwas Neues zu entwickeln, sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen, sondern in den Wettkampf mit den jungen Wilden treten, das ist eine Story per se. Und diese sollten wir erzählen! Denn die Legacy darf nie die Glaubwürdigkeit in der Innovation beeinflussen.

Heldensagen und Mythenbildung - Warum Hermann Maier eine Legende und Marcel Hirscher der beste Schifahrer aller Zeiten ist.

Kann man Legenden erschaffen? Muss doch eigentlich mit Imagebildung, Positionierung und ähnlichen Tricks aus der PR-Zauberkiste gehen...oder nicht... Man benötigt dazu nur jemanden, der etwas Herausragendes geleistet hat. Aber zwischen besonderen Leistungen und der Legende besteht irgendwie ein Unterschied. Hermann Maier ist eine Legende. Marcel Hirscher ist der beste Schifahrer aller Zeiten. Er hat viel mehr gewonnen, jetzt schon. Aber ist er eine Legende? Eher nicht. Er ist zweifelsohne ein Ausnahme-Athlet, aber ihm „fehlt“ ein wichtiges Element der Legende: Drama. Hermann Maier dagegen ist im Februar 1998 zur Legende geworden als er in Nagano von der Schipiste abgehoben ist, einen Sturz wie kein anderer hingelegt und zwei Tage später Olympia-Gold gewonnen hat. Die Legendenbildung wurde dann durch seinen dramatischen Motorradunfall und sein eindrucksvolles Comeback manifestiert. Legenden müssen nicht nur die Besten sein, Legenden müssen Niederlagen wegstecken, Legenden müssen auferstehen und wieder erstrahlen, erst dann sind sie eine Legende.  Legenden kann man nicht machen, Mythenbildung kann man nicht anstoßen und Heldensagen nicht erfinden. Schade...oder Gottseidank.

 

 

I am the Champion - über den ersten Verlierer und die bizarre Rolle der Sieger-Attitude in der österreichischen Öffentlichkeit

Marcel Hirscher hinter Dauerverfolger Henrik Kristoffersen und das verdammt noch mal genau bei der Weltmeisterschaft. Das ist bitter und der wohl beste Schifahrer zeigt sich über Silber enttäuscht. Er kommentierte es sogleich mit „der Zweite ist der erste Verlierer“... Ein mutiger Schritt, denn die Österreicher schätzen diese Siegermentalität so gar nicht. Da wird man ganz schnell als „unsympathisch“, „überheblich“ und „abgehoben“ abgehakt. Die Sympathiewerte sinken rasant in den Boden. Nur warum? Darf man die Ansprüche – wohlgemerkt an sich selbst – nicht ganz oben ansetzen und enttäuscht sein, wenn man sein Ziel nicht erreicht. Soll man sich wirklich für seine Sieger-Attitude entschuldigen, um Sympathiepunkte zu sammeln …und in guter österreichischer Tradition flux eine passende Ausrede suchen? Siegertypen wollen keine Ausreden, sie wollen siegen. Und dazu sollen sie öffentlich stehen! Ich denke, wir brauchen viel mehr von diesem Selbstverständnis... Denn verdammt noch mal: I am the Champion!

Reinventing myself - über die Kunst sich stets neu zu erfinden und dabei sich selbst treu zu bleiben

Da hat man’s endlich gefunden: seine Story, seine Message, sein Geschäftsmodell. Erleichterung macht sich breit. Wir wissen, was wir erzählen müssen. Und schwups – sind wir schon wieder outdated. Die Geschichte fängt von vorne an. Wie geht’s weiter, entwickeln wir den nächsten USP. Sollte irgendwie die logische Folge vom Alten sein, aber überraschen und inspirieren möchten wir... Der ständige Druck sich neu erfinden zu müssen, ist nicht neu, den hatte schon Marilyn Monroe oder Madonna oder Niki Lauda... Es geht heut einfach nur etwas schneller...wie alles andere auch. Bist du heute oben in den Charts, der letzte Schrei auf Instagram oder die angesagte Spokesperson zu deinem Thema, heißt das nicht, dass du nicht schon morgen Schnee von gestern bist. Als PR-Berater sitzt mir der Reinventing-myself-Dämon immer im Nacken, denn ich muss mich nicht nur selbst, meine Agentur, meine Positionierung stets neu erfinden. Es ist mit meine Aufgabe dies mit meinen Klienten zu machen. Ist der jüngste Blog geschrieben, das letzte Messaging finalisiert und der neueste Vlog im Kasten, geht die Schose von vorne los. Was machen wir als nächstes? Wohin führt die Reise der ständigen Reinventing myself – zu mir selbst oder von mir weg? Denn bei allem Reinventing muss man sich selbst treu bleiben, denn es geht ja um die viel gepriesene Authentizität...also immer schön in der eigenen Wahrheit bleiben...

"Den kann ich dir ans Herz legen..." - über Micro-Influencer, Meinungsbildner und Mundpropaganda

Ärzte, Handwerker, Anwälte – alles Berufsgruppen, die selten auf PR zurückgreifen. Ihr Geschäft floriert dennoch...die Patienten rennen dem Doc die Tür ein, die Auftragsbücher des Tischlers sind voll, dabei hat er nicht mal ‘ne Website. Alles Mundpropaganda...ein Rezept, das Jahrhunderte alt ist...wenn nicht Jahrtausende, denn die Wandmalereien in Pompeji muss ein und dieselbe Handwerks-Company ausgeführt haben, der Platzhirsch am Fuße des Vesuvs... Die schlaue digitalisierte Welt hat sich dieses Konzept zu Nutze gemacht und hat die „Influencer“ erfunden. Echte Menschen empfehlen mein Produkt – total authentisch. Je mehr Follower, desto besser. So hörte man gern von Kunden-Seite: Wir arbeiten nur mit Influencern ab 15k Follower...No...Nämlich genau hier geht die Wirkung verloren. Der Bezug zum „echten Menschen“ ist zu weit, die Glaubwürdigkeit dahin. Drum heißt der neue Trend...Micro-Influencer...oder dann halt Nano...was kommt nach Nano...Pico...Femto (ok, ich gebe zu, das musste ich jetzt googeln)...also ist dann „ich leite dir auf WhatsApp den Kontakt zu meinem Physio weiter”, Influencer-Marketing? Die Moral von der Geschicht‘: Egal in welchem Zeitalter wir leben, Kommunikation und die Wirkung von Kommunikation folgt den selben Gesetzen...in Pompeji  70 n. Chr. und in Wien im Jahr 2019.

Think first, tweet later - über die Tücken der Echtzeit-Kommunikation

17 Freigabeschleifen, das Go der Rechtsabteilung einholen, Inhalt und Wording mit „den Globalen“ abstimmen...als Pressesprecher und PR-Verantwortlicher leidet man seit Jahrzehnten unter mühsamsten und meist vollkommen sinnentleerten Freigabeprozessen...vollkommen sinnentleert...hmm, manchmal ist es vielleicht doch besser einen zweiten Blick auf eine Aussage zu werfen, bevor man sie in die Welt rausposaunt. Es gibt so Patienten, die uns jeden Tag die Tücken der Echtzeit-Kommunikation deutlich vor Augen führen. Der Godfather der übereilten Tweets ist freilich der zwitschernde US-Präsident. Tesla-Gründer und vielfach gefeiertes Wunderkind Elon Musk steht ihm bald um nichts mehr nach. Sein Aprilscherz ist schon kräftig in die Hose gegangen und sein Tweet, Tesla von der Börse zu nehmen, hat ihm nun Klagen eingebracht. Liebe mächtige Männer – nein, ich muss hier offensichtlich nicht gendern – ein Tweet ist eine Veröffentlichung und euer Wort hat Gewicht, egal über welchen Kanal ihr kommuniziert. Auch wenn es manchmal verführerisch scheint, jederzeit und überall informieren und kommunizieren zu können, sollte man sich immer der Konsequenz seiner Aussage bewusst sein. Deshalb meine Empfehlung: think first, tweet later!

Goethe im digitalen Zeitalter - wenn der Mensch für die Maschine textet

Nicht dass ich so dreist wäre mich mit dem Großmeister der deutschen Dichtkunst vergleichen zu wollen, aber ich steh auf catchy Überschriften. Und bei meinem eignen Blog darf ich sie ja noch nutzen, weil ich mir keinerlei SEO-Richtlinien auferlege. Ich texte seit rund zwanzig Jahren...die Deutsch-Schularbeiten in der Schule nicht miteinberechnet. Das Texten verändert sich stets – je nach Job, Aufgabe, Medium. Presseaussendungen haben ihre Regeln, Kommentare ebenso, Social Media-Posts, Blogs, Fachartikel, whatever. Das ist ja auch immer fein und mitunter fordernd, das Messaging und die Storyline auf das jeweilige Medium anzupassen. Ehrlich gesagt, mir macht’s Spaß. Aber alles, was online gestellt wird und ganz besonders auf der eigenen Homepage zu Hause ist, muss nun den SEO-Gesetzen folgen. Oberstes Prinzip: „Die Maschine“ muss den Text finden. Ob der Text lesbar, interessant, gut strukturiert und spannend ist, ist sekundär. Ich hatte kürzlich für einen Fachartikel eine zwei-seitige Stichwortliste bekommen. Die Challenge, in einem gut geschrieben Artikel zwei Seiten Begriffe, Begriffsvarianten und Kombinationen unterzubringen, ist spannend für deinen ambitionierten Texter. Die Quintessenz, ich texte nicht nur für den Leser, sondern für die „Maschine“...Aber sollte nicht im Zeitalter der Digitalisierung, die Maschine die Jobs der Menschen vereinfachen und nicht verkomplizieren? Was würde Goethe nun machen und wie würde heute der Zauberlehrling SEO-konform klingen?

 

 

Take it or leave it? - über die Frage, ob Kunden einem den Ruf zerstören können

Bei Anwälten ist eines klar, egal welch' Bösewicht er verteidigt, die Verteidigung wird als „sein Job“ gesehen und der zweifelhafte Ruf seines Mandanten färbt nur selten auf ihn ab – außer vielleicht bei den ganz harten Fällen wie Serienkiller oder Terroristen. In der PR ist das ein bisschen anders – die Frage warum dem so ist, wollen wir hier mal im virtuellen Raum stehen lassen. Welche Kunden „darf“ man annehmen und wann sollte man auf Abstand gehen, damit man nicht selbst in Verruf gerät? Das ist keine einfache Frage, denn die komplizierten und damit spannenden Aufträge könnten mitunter von Unternehmen oder Persönlichkeiten mit zweifelhaftem Ruf kommen. Darf man also sein Wissen, seine Expertise und seinen Einsatz für das Glücksspielunternehmen, den Tabakkonzern und den Politiker mit dem angeknacksten Ruf nutzen oder muss man dankend ablehnen? Ist es nicht nur die professionelle Unterstützung, die im besten Falle dem Kunden eine Image-Politur verpasst... der dann gleichzeitig für einen selbst der schlechteste Fall ist und einen eigenen Image-Schaden verursacht? Also: Take it or leave it?

 

Der Anlass - über den Zeitpunkt, der Zeitlosem Aufmerksamkeit gibt

Per Definition ist er kein Inhalt, sondern er bildet nur die Möglichkeit über etwas zu sprechen, das sonst ohne Newswert oder Aktualität nicht gehört werden würde: der Anlass! Der Weltfrauentag ist so ein Anlass. Der eine Tag, der 8. März, oder sagen wir die Woche rundherum bildet den perfekten Anlass, das Diversity-Programm rauszuholen, abzustauben, vielleicht mit einem neuen Anstrich zu versehen und in die Welt rauszutragen. Anfang März finden die Programme, Ideen und Konzepte zur Gleich- oder Besserstellung der Frau Gehör. Ich arbeite seit 20 Jahren in ganz unterschiedlichen Positionen in der Kommunikationsbranche und die zu kommunizierenden Inhalte änderten sich in dieser Zeit marginal...Die Medienberichte sind seit zwei Jahrzehnten nahezu ident. Führt dieses Faktum nun den Anlass und die Wirkung der Berichterstattung ad absurdum, oder sollen wir dankbar sein, dass zu einem Zeitpunkt Zeitloses auch in der aktualitätshungrigen und newsgierigen Welt Anklang findet? Und ja, ich habe diesen Blog absichtlich nicht am 8. März gepostet...also vollkommen ohne Anlass...bloß so.  

Berühmt auf Instagram, reich bei Monopoly - über Sinn und Unsinn des Influencer-Marketings

Das Prinzip ist einfach und die Grund-Philosophie von PR: Lass andere über dich sprechen, deine Geschichte erzählen, dann kommt sie am besten an und ist am glaubwürdigsten. Im Digital Age wurde das Prinzip simplifiziert und hat den Titel „Influencer Marketing“ erhalten. Während die PR einst und jetzt mit gutem und relevantem Content zu überzeugen trachtet, ist das plumpe Platzieren von Produkten vorzugsweise auf Instagram, vorzugsweise von Erst-Runden Teilnehmern von Germany’s Next Topmodel oder Siebtplatzierten beim Bachelor die treffende Beschreibung von Influencer Marketing. Wie die Hyänen stürzen sich gewiefte Marketiers und Agenturen auf die Sternchen, um ihre Produkte gegen Einwurf von Schienen auf dem boomenden Instagram-Accounts platzieren zu lassen. Weil: Wir machen Influencer-Marketing! Wir sind State-of-the-Art! Und jetzt das: Eine britische Studie hat herausgefunden, dass Influencer-Marketing der Marke schadet. Fast die Hälfte der befragen 18 bis 24-jährigen sieht das so. Wundert uns das nur wirklich? Influencer-Marketing ist Imagetransfer. Wollen wir das Image der Insta-Starlets für die nachhaltige Positionierung unserer Marke? Instant ist nicht umsonst der Augenblick und berühmt auf Instagram ist zirka so wertvoll wie reich bei Monopoly...

Von grünem Gras und blühenden Wiesen - über das erbarmungslose Gedächtnis des World Wide Web

Heute haben wir mal wieder eine „früher war alles besser“-Story. Besser...naja...zumindest einfacher...damals wie heute gab’s Krisen. Verschuldet oder unverschuldet ist man von einem Tag zum anderen auf den Titelseiten der Medien gelandet...in irgendeinen Skandal verwickelt. Irgendwann war dann die Geschichte durch. Es hat niemanden mehr aufgeregt, die Krise war vorbei, die Krisenkommunikatoren sind nach Hause gegangen. Es ist Gras über die Sache gewachsen.

Heute ist alles anders...weil dieses Gras nicht mehr wächst. Schuld daran ist das erbarmungslose Gedächtnis des World Wide Web und die ziemlich ausgereifte Google-Suche. Ist einst ein Name im Zuge eines Skandals aufgepoppt, war die Erinnerung ebenso schnell wieder weg. Jetzt gibt man den Namen in die Google-Suche ein und Autsch, alles ist wieder da...besonders in der beliebten News-Section. Da hilft nur eines, man muss einfach mit neuen, lässigen, spannenden Geschichten raus und diese erzählen...am besten in auflagenstarken SEO-affinen Medien. Dann rutschen die ungeliebten Erinnerungen in die Google-Vergangenheit und die Welt ist wieder in Ordnung. In unserer herrlich oberflächlichen und schnelllebigen Welt ist kein Versteck besser als die Seite 3 der Google-Suche. Hier wächst dann doch noch das Gras...

Gute Zeiten, schlechte Zeiten - und warum wir ein Fundament brauchen

Es gibt ja noch immer die, die an der Wirkung und Wirksamkeit strategischer und kontinuierlicher Kommunikation zweifeln. „Wir brauchen das nicht“, „Wir sind nicht an Publicity interessiert“, „Wir sind keine Consumer-Company“... Ich habe schon längst aufgegeben, den Zweiflern den Wert der Kommunikation nahe zu bringen und PR für PR zu machen. Sie werden schon sehen, denk ich mir heimlich... Tja, und dann passiert’s: Die Company kommt auf den medialen Radar – selten wegen einer guten G’schicht...sondern eher dann doch in Krisenzeiten. Und es wird recherchiert... nur man findet nichts bis wenig, weil „man ja nicht kommunizieren muss“. Nur weil man nichts findet, heißt das nicht, dass nicht geschrieben wird...im Gegenteil. Und man kann so gar nicht mehr die Inhalte bestimmen oder zumindest ein bisschen beeinflussen. Kontrolle über das, was da über einen geschrieben wird, hat man nicht mehr. Die Verwunderung ist groß: „Warum schreiben die das?“, "Die haben ja keine Ahnung, was wir alles tun!" Das Fundament für eine kontrollierte Kommunikation in Krisenzeiten, schafft man in den guten Zeiten. Davon kann man in schlechten Zeiten zehren...Das sei allen Zweiflern ins Stammbuch geschrieben.

Der Mörder-Sager - weil Liken vor Lesen kommt

Sie müssen knackig sein...irgendwie erfrischend...und eine relevante Aussage auch noch beinhalten – die Zitate. Es ist ja mein Lieblingspart beim Schreiben von Presseaussendungen, beim Ausarbeiten von Interview-Briefings - das Texten des Zitats, das Formulieren des Sagers. Die Entwicklung des Sagers braucht besondere Aufmerksamkeit, Hingabe und Zuneigung. Sonst wird er nix. Oft is er zu lahm – weil zu content-getrieben...oder zu beliebig, weil wir uns nicht mehr trauen oder zu zusammenhanglos und damit irrelevant.  In einem Satz, in einer Überschrift die Message rüberzubringen, das ist das Ziel. Und für alle, die nun maulen, „das ist so oberflächlich, du muss mit gutem Inhalt auffallen“ – ja eh. Aber meine Aufgabe ist es, dem guten Inhalt die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Und das funkt eben mit dem Mörder-Sagen. Denn seien wir uns mal ehrlich: Wie oft lesen wir in der Zeitung die Überschriften und im Vergleich dazu den ganzen Artikel...oder klicken wir wahrhaftig jedes Mal in den Facebook-Post...nö...denn Liken kommt vor Lesen und mit dem Mörder-Sager, hamma immerhin die Message geliefert.