Marketing

Wer sind noch mal diese Kansas City Chiefs? – über J.Lo, Budweiser, das Eigentliche und das Andere

Die Superbowl, das angeblich größte Sportereignis der Welt. Sport eventuell. Ereignis auf jedem Fall. American Football geht trotz meiner überbordenden Amerika-Liebe nicht ganz an mich heran, aber dennoch sind am Tag nach der Superbowl meine Newsfeeds auf Facebook, Instagram und gar Linkedin voll damit. Nur nicht mit dem Ereignis an sich, sondern mit den Links zur perfekt inszenierten Pausenshow von den Latino-Queens J.Lo und Shakira, mit der Diskussion in Frauenzeitschriften, wie man denn knapp vor und in den Wechseljahren noch so fabelhaft aussehen kann, mit den Kommentaren der etwas kritischeren Frauenzeitschriften, dass dies nun wahrlich ein falsches Bild vermittle… Meine Fachliteratur zu Kommunikation und Marketing bietet Abstimmungen und Auswertungen, ob nun Budweiser oder Hyundai den besten Werbespot ins Rennen geschickt hat…und in diesem Moment wird mir klar, dass wir hier ein wundervolles Beispiel dafür haben, wenn das Andere das Eigentlich überflügelt…eigentlich sollte es um Sport gehen, das Finale, die Vince Lombardi Trophy…eigentlich…aber irgendwie hat es das Andere geschafft, im Mittelpunkt zu stehen! Denn wer sind nochmal diese Kansas City Chiefs…und gegen wen haben sie jetzt gewonnen…ach ja, die San Francisco 49er…und ich gebe zu, das musste ich jetzt nachschauen!

 


Der wundersame Aufstieg des Dilettantismus – der neue Mut zu Low-Key in einer High-End-World

Der Pressesprecher schießt die Fotos vom Event und postet sie sofort. Der Livestream von der Eröffnung wird mit dem iPhone gedreht. Den 60-Minuten-Podcast hostet ein Manager ohne Sprechausbildung. Alles ohne Schnitt. Unsere Medien sind voll mit Amateurvideos, Amateurfotos, Amateur-Audiofiles. Parallel dazu wird alles professioneller und aufwändiger: Der Werbespot auf Hollywood-Niveau, das Porträt-Shooting à la Vogue-Cover... Bei allem Profi-Glamour hat das Hemdsärmelige, Ehrliche...Dilettantische...noch immer oder eher wieder seinen Platz gefunden. Marketing- und PR-Pros wissen dies mittlerweile smart einzusetzen und haben den Mut, Low Key zu gehen in unserer High-End-World. Nur da stellt sich dann die Frage: Warum wohl funktioniert das? Zum einen, weil wir in den Tiefen unserer Herzen das Ehrliche, Echte und Unvollkommene lieben, zum anderen, weil genau diese Art der Kommunikation Vertrauen schafft und Vertrauen eine der höchsten Währungen in der Medienwelt von 2020 ist. Das heißt jetzt nicht, dass alles Professionelle schlecht und alles Dilettantisch-Gemachte gut ist. Nein, aber eine gute Message und wertvoller Content braucht nicht immer die ganze Maschinerie. 

 

Berühmt auf Instagram, reich bei Monopoly - über Sinn und Unsinn des Influencer-Marketings

Das Prinzip ist einfach und die Grund-Philosophie von PR: Lass andere über dich sprechen, deine Geschichte erzählen, dann kommt sie am besten an und ist am glaubwürdigsten. Im Digital Age wurde das Prinzip simplifiziert und hat den Titel „Influencer Marketing“ erhalten. Während die PR einst und jetzt mit gutem und relevantem Content zu überzeugen trachtet, ist das plumpe Platzieren von Produkten vorzugsweise auf Instagram, vorzugsweise von Erst-Runden Teilnehmern von Germany’s Next Topmodel oder Siebtplatzierten beim Bachelor die treffende Beschreibung von Influencer Marketing. Wie die Hyänen stürzen sich gewiefte Marketiers und Agenturen auf die Sternchen, um ihre Produkte gegen Einwurf von Schienen auf dem boomenden Instagram-Accounts platzieren zu lassen. Weil: Wir machen Influencer-Marketing! Wir sind State-of-the-Art! Und jetzt das: Eine britische Studie hat herausgefunden, dass Influencer-Marketing der Marke schadet. Fast die Hälfte der befragen 18 bis 24-jährigen sieht das so. Wundert uns das nur wirklich? Influencer-Marketing ist Imagetransfer. Wollen wir das Image der Insta-Starlets für die nachhaltige Positionierung unserer Marke? Instant ist nicht umsonst der Augenblick und berühmt auf Instagram ist zirka so wertvoll wie reich bei Monopoly...

Allmächtige PR? - Es geht nicht um Alleinherrschaft, sondern um das Zusammenspiel

Nach 20 Jahren in der Branche bin ich schon wahrlich skurrilen Vorstellungen von PR begegnet. Da gab’s einst die Zielvorgabe, für jeden Zeitungsartikel müssen 30 Anrufe mit Produktanfragen eingehen. Gegenfrage: Wie oft hast du schon mal bei einer Firma angerufen, wenn du etwas über ein Produkt in einer Zeitung gelesen hast? ... Eben. Nein, PR ist nicht allmächtig. Nein, PR kann nicht Business Development, Sales und Marketing ersetzen. PR macht Image. PR bietet Wissen, Hintergrundwissen über Produkte, Unternehmen und ihre Manager. Mit diesem Wissen wächst das Vertrauen in die Marke. Das sind die Kernaufgaben der PR. Jede Disziplin hat seine Rolle, seine Aufgabe. Das perfekte Zusammenspiel macht schlussendlich den Erfolg aus. Ein potenzieller Kunde muss mit einem neuen Produkt drei Mal in Kontakt kommen, bis er richtig darauf aufmerksam wird und es kauft. PR kann ein Kontaktpunkt sein – aber nicht alle drei. PR ist nicht allmächtig – weil wenn es so wäre, wären wir mächtig unterbezahlt. 

Schmeiß die rosarote Brille weg - ein Plädoyer für die echten Geschichten

Der Superlativ – die Lieblingsform der Marketiers. Es muss immer das cremigste Eis, das weißeste Lächeln, die schärfste Klinge, das schnellste Auto und die innovativste Lösung sein...Der Marketier liebt es, vollkommen frei von gesunder Reflexion und fern ab der Realität seine Produkte anzuwerben und in höchsten Tönen zu loben. Getoppt wird das Ganze nur vom Werbetexter, der uns verspricht, dass die eingetrockneten Rotweinflecken bei 20 Grad aus dem weißen Seidenkleid rausgehen...die Wahrheit ist ein dehnbarer Begriff und wird in den unterschiedlichen Disziplinen unterschiedlich strapaziert. Und hier krachen dann gern die Welten aufeinander – wenn der Marketier meint, PR zu machen und nicht versteht, dass von dem absolut übertriebenen Anpreisen, nur die Glaubwürdigkeit schwer in Mitleidenschaft gezogen wird und das ganze Unterfangen damit kontraproduktiv wird. Wir PR-Pros haben oft den Ruf, dass wir ein bisschen langweilig sind. Nein, wir sind nicht langweilig, wir sind faktenorientiert, wir erfinden nicht das Blaue vom Himmel und tragen nicht die rosarote Brille der Marketingkollegen. Wir formulieren gern unaufgeregt, unsere Texte, Messages und Stories sind stringent und nachvollziehbar, und wir versuchen dabei die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Gute Kommunikation muss bei Gott nicht marktschreierisch sein...wie einst der Gurkenhobelverkäufer vor dem Kaufhaus Steffl oder heute die Moderatorin vom Homeshopping-Kanal, die mir die Jeansleggins anpreist, die mich drei Kleidergrößen schlanker zaubert.