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Der wundersame Aufstieg des Dilettantismus – der neue Mut zu Low-Key in einer High-End-World

Der Pressesprecher schießt die Fotos vom Event und postet sie sofort. Der Livestream von der Eröffnung wird mit dem iPhone gedreht. Den 60-Minuten-Podcast hostet ein Manager ohne Sprechausbildung. Alles ohne Schnitt. Unsere Medien sind voll mit Amateurvideos, Amateurfotos, Amateur-Audiofiles. Parallel dazu wird alles professioneller und aufwändiger: Der Werbespot auf Hollywood-Niveau, das Porträt-Shooting à la Vogue-Cover... Bei allem Profi-Glamour hat das Hemdsärmelige, Ehrliche...Dilettantische...noch immer oder eher wieder seinen Platz gefunden. Marketing- und PR-Pros wissen dies mittlerweile smart einzusetzen und haben den Mut, Low Key zu gehen in unserer High-End-World. Nur da stellt sich dann die Frage: Warum wohl funktioniert das? Zum einen, weil wir in den Tiefen unserer Herzen das Ehrliche, Echte und Unvollkommene lieben, zum anderen, weil genau diese Art der Kommunikation Vertrauen schafft und Vertrauen eine der höchsten Währungen in der Medienwelt von 2020 ist. Das heißt jetzt nicht, dass alles Professionelle schlecht und alles Dilettantisch-Gemachte gut ist. Nein, aber eine gute Message und wertvoller Content braucht nicht immer die ganze Maschinerie. 

 

Heldensagen und Mythenbildung - Warum Hermann Maier eine Legende und Marcel Hirscher der beste Schifahrer aller Zeiten ist.

Kann man Legenden erschaffen? Muss doch eigentlich mit Imagebildung, Positionierung und ähnlichen Tricks aus der PR-Zauberkiste gehen...oder nicht... Man benötigt dazu nur jemanden, der etwas Herausragendes geleistet hat. Aber zwischen besonderen Leistungen und der Legende besteht irgendwie ein Unterschied. Hermann Maier ist eine Legende. Marcel Hirscher ist der beste Schifahrer aller Zeiten. Er hat viel mehr gewonnen, jetzt schon. Aber ist er eine Legende? Eher nicht. Er ist zweifelsohne ein Ausnahme-Athlet, aber ihm „fehlt“ ein wichtiges Element der Legende: Drama. Hermann Maier dagegen ist im Februar 1998 zur Legende geworden als er in Nagano von der Schipiste abgehoben ist, einen Sturz wie kein anderer hingelegt und zwei Tage später Olympia-Gold gewonnen hat. Die Legendenbildung wurde dann durch seinen dramatischen Motorradunfall und sein eindrucksvolles Comeback manifestiert. Legenden müssen nicht nur die Besten sein, Legenden müssen Niederlagen wegstecken, Legenden müssen auferstehen und wieder erstrahlen, erst dann sind sie eine Legende.  Legenden kann man nicht machen, Mythenbildung kann man nicht anstoßen und Heldensagen nicht erfinden. Schade...oder Gottseidank.

 

 

"Den kann ich dir ans Herz legen..." - über Micro-Influencer, Meinungsbildner und Mundpropaganda

Ärzte, Handwerker, Anwälte – alles Berufsgruppen, die selten auf PR zurückgreifen. Ihr Geschäft floriert dennoch...die Patienten rennen dem Doc die Tür ein, die Auftragsbücher des Tischlers sind voll, dabei hat er nicht mal ‘ne Website. Alles Mundpropaganda...ein Rezept, das Jahrhunderte alt ist...wenn nicht Jahrtausende, denn die Wandmalereien in Pompeji muss ein und dieselbe Handwerks-Company ausgeführt haben, der Platzhirsch am Fuße des Vesuvs... Die schlaue digitalisierte Welt hat sich dieses Konzept zu Nutze gemacht und hat die „Influencer“ erfunden. Echte Menschen empfehlen mein Produkt – total authentisch. Je mehr Follower, desto besser. So hörte man gern von Kunden-Seite: Wir arbeiten nur mit Influencern ab 15k Follower...No...Nämlich genau hier geht die Wirkung verloren. Der Bezug zum „echten Menschen“ ist zu weit, die Glaubwürdigkeit dahin. Drum heißt der neue Trend...Micro-Influencer...oder dann halt Nano...was kommt nach Nano...Pico...Femto (ok, ich gebe zu, das musste ich jetzt googeln)...also ist dann „ich leite dir auf WhatsApp den Kontakt zu meinem Physio weiter”, Influencer-Marketing? Die Moral von der Geschicht‘: Egal in welchem Zeitalter wir leben, Kommunikation und die Wirkung von Kommunikation folgt den selben Gesetzen...in Pompeji  70 n. Chr. und in Wien im Jahr 2019.

Think first, tweet later - über die Tücken der Echtzeit-Kommunikation

17 Freigabeschleifen, das Go der Rechtsabteilung einholen, Inhalt und Wording mit „den Globalen“ abstimmen...als Pressesprecher und PR-Verantwortlicher leidet man seit Jahrzehnten unter mühsamsten und meist vollkommen sinnentleerten Freigabeprozessen...vollkommen sinnentleert...hmm, manchmal ist es vielleicht doch besser einen zweiten Blick auf eine Aussage zu werfen, bevor man sie in die Welt rausposaunt. Es gibt so Patienten, die uns jeden Tag die Tücken der Echtzeit-Kommunikation deutlich vor Augen führen. Der Godfather der übereilten Tweets ist freilich der zwitschernde US-Präsident. Tesla-Gründer und vielfach gefeiertes Wunderkind Elon Musk steht ihm bald um nichts mehr nach. Sein Aprilscherz ist schon kräftig in die Hose gegangen und sein Tweet, Tesla von der Börse zu nehmen, hat ihm nun Klagen eingebracht. Liebe mächtige Männer – nein, ich muss hier offensichtlich nicht gendern – ein Tweet ist eine Veröffentlichung und euer Wort hat Gewicht, egal über welchen Kanal ihr kommuniziert. Auch wenn es manchmal verführerisch scheint, jederzeit und überall informieren und kommunizieren zu können, sollte man sich immer der Konsequenz seiner Aussage bewusst sein. Deshalb meine Empfehlung: think first, tweet later!

Take it or leave it? - über die Frage, ob Kunden einem den Ruf zerstören können

Bei Anwälten ist eines klar, egal welch' Bösewicht er verteidigt, die Verteidigung wird als „sein Job“ gesehen und der zweifelhafte Ruf seines Mandanten färbt nur selten auf ihn ab – außer vielleicht bei den ganz harten Fällen wie Serienkiller oder Terroristen. In der PR ist das ein bisschen anders – die Frage warum dem so ist, wollen wir hier mal im virtuellen Raum stehen lassen. Welche Kunden „darf“ man annehmen und wann sollte man auf Abstand gehen, damit man nicht selbst in Verruf gerät? Das ist keine einfache Frage, denn die komplizierten und damit spannenden Aufträge könnten mitunter von Unternehmen oder Persönlichkeiten mit zweifelhaftem Ruf kommen. Darf man also sein Wissen, seine Expertise und seinen Einsatz für das Glücksspielunternehmen, den Tabakkonzern und den Politiker mit dem angeknacksten Ruf nutzen oder muss man dankend ablehnen? Ist es nicht nur die professionelle Unterstützung, die im besten Falle dem Kunden eine Image-Politur verpasst... der dann gleichzeitig für einen selbst der schlechteste Fall ist und einen eigenen Image-Schaden verursacht? Also: Take it or leave it?

 

Berühmt auf Instagram, reich bei Monopoly - über Sinn und Unsinn des Influencer-Marketings

Das Prinzip ist einfach und die Grund-Philosophie von PR: Lass andere über dich sprechen, deine Geschichte erzählen, dann kommt sie am besten an und ist am glaubwürdigsten. Im Digital Age wurde das Prinzip simplifiziert und hat den Titel „Influencer Marketing“ erhalten. Während die PR einst und jetzt mit gutem und relevantem Content zu überzeugen trachtet, ist das plumpe Platzieren von Produkten vorzugsweise auf Instagram, vorzugsweise von Erst-Runden Teilnehmern von Germany’s Next Topmodel oder Siebtplatzierten beim Bachelor die treffende Beschreibung von Influencer Marketing. Wie die Hyänen stürzen sich gewiefte Marketiers und Agenturen auf die Sternchen, um ihre Produkte gegen Einwurf von Schienen auf dem boomenden Instagram-Accounts platzieren zu lassen. Weil: Wir machen Influencer-Marketing! Wir sind State-of-the-Art! Und jetzt das: Eine britische Studie hat herausgefunden, dass Influencer-Marketing der Marke schadet. Fast die Hälfte der befragen 18 bis 24-jährigen sieht das so. Wundert uns das nur wirklich? Influencer-Marketing ist Imagetransfer. Wollen wir das Image der Insta-Starlets für die nachhaltige Positionierung unserer Marke? Instant ist nicht umsonst der Augenblick und berühmt auf Instagram ist zirka so wertvoll wie reich bei Monopoly...

Gute Zeiten, schlechte Zeiten - und warum wir ein Fundament brauchen

Es gibt ja noch immer die, die an der Wirkung und Wirksamkeit strategischer und kontinuierlicher Kommunikation zweifeln. „Wir brauchen das nicht“, „Wir sind nicht an Publicity interessiert“, „Wir sind keine Consumer-Company“... Ich habe schon längst aufgegeben, den Zweiflern den Wert der Kommunikation nahe zu bringen und PR für PR zu machen. Sie werden schon sehen, denk ich mir heimlich... Tja, und dann passiert’s: Die Company kommt auf den medialen Radar – selten wegen einer guten G’schicht...sondern eher dann doch in Krisenzeiten. Und es wird recherchiert... nur man findet nichts bis wenig, weil „man ja nicht kommunizieren muss“. Nur weil man nichts findet, heißt das nicht, dass nicht geschrieben wird...im Gegenteil. Und man kann so gar nicht mehr die Inhalte bestimmen oder zumindest ein bisschen beeinflussen. Kontrolle über das, was da über einen geschrieben wird, hat man nicht mehr. Die Verwunderung ist groß: „Warum schreiben die das?“, "Die haben ja keine Ahnung, was wir alles tun!" Das Fundament für eine kontrollierte Kommunikation in Krisenzeiten, schafft man in den guten Zeiten. Davon kann man in schlechten Zeiten zehren...Das sei allen Zweiflern ins Stammbuch geschrieben.

Fragen oder nicht fragen? - Über das ewige Dilemma mit dem Briefing

Das Briefing, der beste Freund des Beraters. Da steht alles drinnen, was man wissen muss...alles...naja manchmal...eher eine Leitlinie...hmm, „Sie wissen eh, was ich meine“...Nein, weiß ich eigentlich nicht...Wer seit 20 Jahren auf beiden Seiten in der PR tätig ist, hat eine gewisse Hassliebe zum Briefing entwickelt. Ist es zu detailliert, zu eng, zu exakt, lässt es wenig Spielraum, wenig Platz für Phantasie, für Kreativität. Ist es zu schwammig – was im Alltag eher der Fall ist – kann man mit dem Konzept schwer daneben liegen...weil wir keine Hellseher sind, sondern eben PR-Berater. Da sitzt man vor dem Briefing, entwickelt das Konzept und die Fragen tauchen auf...und auf die Fragen, folgt die Gewissensfrage: Soll ich nachfragen? Ich bin mir da bis heute nicht so sicher...nicht, weil ich zu schüchtern bin, den potenziellen Kunden anzurufen, sondern, weil ich mir oftmals denke, fängt nicht hier schon meine Beratung an? ...erwartet er von mir, dass ich mir schon eben diese Gedanken mache, weil das Briefing und damit die Analyse der Ausgangssituation und die Definition der Zielsetzung zu meiner Aufgabenstellung gehört? Zumeist ruf ich nicht an...

"Die Geister, die ich rief..." - was Vegan-König Attila vom Zauberlehrling lernen kann

Promi-Koch, Vegan-Ambassadeur und TV-Sternchen Attila vermarktet seit Jahren geschickt die fleischlose Ernährung unter Bobos, Hipsters und Ökos. Von „Schlag den Star“ bis „Let’s Dance“ genießt er vermeintlich das Rampenlicht.  Bis eine Journalistin des Tagespiegels es wagte, sein Lokal zu testen und zu bewerten. Die Kritik fiel wohl nicht sehr positiv aus, aber die Reaktion war dennoch denkwürdig. Noch selten hat ein Promi Journalisten so beschimpft, bedroht und verflucht. Tja, lieber Attila, auch du musst mit Kritik umgehen können. Auch mit öffentlicher. Die „labbrigen Pommes“ bringen den Koch zum Kochen...echt jetzt? Sicher ist es hart, Kritik einzustecken. Sicher ist es besonders hart, öffentlich Kritik einstecken zu müssen. Nur: Wenn man das nicht kann, darf man nicht den Schritt in die Öffentlichkeit gehen. Die Geister, die ich rief, werd ich nicht los...das wusste schon der Zauberlehrling. Jahrelang aktiv PR zu machen, sich selbst als Pionier der veganen Küche in der Öffentlichkeit zu vermarkten, Publicity dazu nutzen, um das Geschäft anzukurbeln und dann mit etwas Kritik nicht umgehen zu können? Bursche, das musst dir früher überlegen!

 

Von harten Nüssen und programmiertem Scheitern - soll man Kamikaze-Jobs in der PR annehmen?

Mein Traumjob in der PR-Welt ist wieder zu haben. Der White House-Sprecher hat kürzlich das Handtuch geworfen – und die Medien haben ihm dazu von Herzen gratuliert. Ja, Pressesprecher für den Präsidenten ist, glaub ich, zur größten Herausforderung in der PR-Welt geworden – um es diplomatisch zu formulieren. Vermutlich ist der Job unlösbar...keine harte Nuss, keine große Aufgabe, sondern einfach ein Kamikaze-Kommando. Kamikaze-Jobs begegnen einem in der PR-Welt, und ich denke in der restlichen Welt, immer wieder. Ich hab ja einen Hang dazu, sie anzunehmen. Weil ich es sportlich nehm’, von der PR als Disziplin und freilich auch meiner Expertise überzeugt bin. Nona...sonst tät ich ja was Anderes. Ich muss mir allerdings eingestehen, dass Kamikaze-Jobs selten von Erfolg gekrönt waren, denn sie sind das programmierte Scheitern. Der CEO, der von PR nichts hält, die Führungsetage, die alle kritischen Infos dem Pressesprecher verweigert, der Finanzer, der in dir nur das Einsparungspotenzial sieht – du wirst sie nicht missionieren...bevor man bei den richtigen argen Jobs gleich lauthals „hier“ schreit, sollte man mal vielleicht doch eine Runde drüber schlafen...sonst wird aus dem vermeintlichen Traumjob fürchterlich schnell ein Albtraum...Und btw: Good luck der neuen Sprecherin im Weißen Haus!

 

Allmächtige PR? - Es geht nicht um Alleinherrschaft, sondern um das Zusammenspiel

Nach 20 Jahren in der Branche bin ich schon wahrlich skurrilen Vorstellungen von PR begegnet. Da gab’s einst die Zielvorgabe, für jeden Zeitungsartikel müssen 30 Anrufe mit Produktanfragen eingehen. Gegenfrage: Wie oft hast du schon mal bei einer Firma angerufen, wenn du etwas über ein Produkt in einer Zeitung gelesen hast? ... Eben. Nein, PR ist nicht allmächtig. Nein, PR kann nicht Business Development, Sales und Marketing ersetzen. PR macht Image. PR bietet Wissen, Hintergrundwissen über Produkte, Unternehmen und ihre Manager. Mit diesem Wissen wächst das Vertrauen in die Marke. Das sind die Kernaufgaben der PR. Jede Disziplin hat seine Rolle, seine Aufgabe. Das perfekte Zusammenspiel macht schlussendlich den Erfolg aus. Ein potenzieller Kunde muss mit einem neuen Produkt drei Mal in Kontakt kommen, bis er richtig darauf aufmerksam wird und es kauft. PR kann ein Kontaktpunkt sein – aber nicht alle drei. PR ist nicht allmächtig – weil wenn es so wäre, wären wir mächtig unterbezahlt. 

Von Emotionen und Gefühlsmenschen - warum PR die neue Werbung ist

In meiner jüngsten Wettbewerbs-Präsentation schmückte ein wunderschönes Zitat des glorreichen wie geistreichen Seth Godin die Titelfolie: People do not buy goods and services, they buy relations, stories and magic. Das ist erstens „so true“ und zweitens für uns in der PR ein neues Zeitalter. Die coolen Werber waren immer allein für die Emotion zuständig. Wir PRler galten als die Langeweiler mit dem faden Inhalt. Früher haben wir Produktbeschreibungen rausgeschickt, haben uns a bissl gewundert, warum sie nicht so gut ankommen, aber so hat man halt Produkt-PR gemacht. Heute ist das anders. Es ist das Zeitalter des Storytelling angebrochen. Wir beschreiben nicht mehr das Produkt, sondern wir erzählen wie es entstanden ist, wer die Idee dazu hatte, wie es gemacht wurde und schlussendlich, was man alles damit tun kann. Ich habe keinen Ziegel der soundso schwer ist, und aus dem und dem Material ist, sondern ich habe einen Ziegel, der der Grundstein für mein Traumhaus ist. Ich habe keine Settop-Box, die soundso viel Bandbreite hat und jenewelche Datenmenge transportiert, ich habe ein Gerät, das mir ein unvergessliches Kinoerlebnis in mein Wohnzimmer bringt. Das sind alles Emotionen! Wir wecken Emotionen. Das durften einst immer nur die kreativen Werber, die Welten erschufen und inszenierten. Wir machen das jetzt mit unseren Geschichten, wir sind Geschichtenerzähler...und irgendwie Gefühlsmenschen.

 

Commander in Tweet - Müssen wir mit Trump die PR-Lehrbücher etwa neu schreiben?

Ich bin bekennender PR-Fan. Ok, irgendwie logisch bei meiner Profession. Ich bin von der Wirkung der PR-Arbeit überzeugt. Ich glaube an die Gesetze der Kommunikation. Wenn man sie befolgt und ein einigermaßen charismatischer, intelligenter und interessanter Mensch ist, wird man damit erfolgreich sein...dachte ich...aber einer hat alle Regeln außer Kraft gesetzt...und wenn ich sag alle, meine ich alle: Lächeln, positive Ausstrahlung, nicht grantig und mieselsüchtig in die Kamera blicken, niemanden öffentlich angreifen oder beleidigen, schon gar keine beliebten Stars...und um Himmels Willen keine Journalisten. Ja nicht die Journalisten, weder bei Pressekonferenzen noch auf Twitter. Über den Twitter-Account müssen wir sowieso sprechen. Das Web vergisst nie. Da müssen alle 140 Zeichen sitzen...jedes einzelne, jedes Mal. Nie aus einer Laune heraus die Sozialen Medien bedienen. Das kann ordentlich schiefgehen. Und dann kommen wir zu den Inhalten. Positiv-Themen spielen, Lösungen anbieten, Konzepte vorlegen, stringent argumentieren. Meinung haben – unbedingt – aber bitte nicht täglich ändern. So, ich könnte ewig weitermachen. Das alles sind Spielregeln in der Kommunikation. Wer sich nicht daran hält, wird untergehen, erklären wir jeden Tag. Nur ist jetzt alles irgendwie anders: Da hat tatsächlich jemand alle Gesetze der PR gebrochen und war damit ziemlich erfolgreich – sonst wäre er jetzt nicht der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Also hat er irgendwas richtig gemacht...und ich komme nicht umhin mich zu fragen, müssen wir die PR, wie wir sie kennen und betreiben, hinterfragen und die Lehrbücher mit Trump neu schreiben?

 

Drama, Baby - über die Kim Kardashianisierung der Politik

PR in Hollywood und Washington – oder für Starlets und Politiker – funktionierte immer vollkommen konträr. Stars und Starlets leben von Skandalen und Skandälchen aller Art. Wichtig dabei ist immer, möglichst schrill zu sein und um jeden Preis aufzufallen...in Paparazzi-Nähe betrunken Autofahren, eine kleine Schlägerei anzetteln, high von allen möglichen chemischen Lebenshilfen aus dem Strip-Club wanken...alles ist erlaubt, gewünscht und perfekt inszeniert. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung mit den zahllosen Reality-TV-Stars unter ihrer absoluten Königin Kim Kardashian. Der Politiker dagegen war immer auf das Gegenteil bedacht. Das Saubermann-Image war Grundvoraussetzung für den Erfolg beim Wähler. Es galt stets klug, überlegt und anständig zu wirken, gefasst, diplomatisch und professionell zu kommunizieren, und wenn es kleine Unzulänglichkeiten gab, wurden sie gekonnt unter den Tisch gekehrt. Aber ja nicht Poltern, Pöbeln, öffentlich kein falsches Wort am falschen Platz, das könnte die gesamte hart erarbeitete politische Karriere mit einem Schlag beenden. Warum ich das Ganze in der Vergangenheitsform formuliere? Weil ganz offensichtlich gelten diese Gesetze nicht mehr. Drama, Baby, jetzt auch in der Politik? 

Feel the burn - nur wer brennt, kann ein Feuer entfachen

Es war Jane Fonda, die Aerobic-Pionierin in den bunten, schrillen, lauten 80ern, die „feel the burn“ zum Mantra machte. Gemeint war damit natürlich dieses herrliche Brennen im Muskel für den erhofften Trainingserfolg...Sie brannte aber auch für ihre Sache, für Aerobic, für Fitness. Daher ist sie bis heute die absolute Fitness-Ikone und Aerobic-Queen. Sie hat mit ihrer Begeisterung und ihrer Leidenschaft alle angesteckt.  Das ist der Punkt, wenn Kommunikation immer, wirklich immer funktioniert, wenn jemand für seine Sache brennt. Er bekommt dieses Glänzen in den Augen und du spürst, er lebt seine Geschichte, sein Produkt, seine Überzeugung, seine Company. Für mich sind das die wundervollsten Kunden. Derjenige mit der Idee, von der er 100 Prozent überzeugt ist. Und du weißt ganz genau, die PR wird hinhauen. Da muss man dann als PR-Berater aufpassen, nicht zu viel zu briefen, zu mainstreamen und Profi-Wordings auszuarbeiten. Denn die Geschichte lebt vom Enthusiasmus. Die authentische ehrliche Begeisterung für eine lässige Sache bringt das Ding zum Fliegen. Nun, dieses Faktums sind sich viele Stars, Sternchen, Top-Manager und vor allem Politiker bewusst, und versuchen eben jenes Feuer zu faken und fragen sich, warum’s nicht funkt? Weil nur echtes Feuer brennt...Denn: we feel the burn!

 

Die Selbstfindungsfrage: Ist PR Wissenschaft oder Handwerk?

Es liegt in der Natur der Dinge, seine Profession besonders schillernd, besonders komplex, besonders tiefsinnig darzustellen...das macht nahezu jeder Berufsstand. Der gewiefte Anwalt zitiert seine wahrlich meist mühsam formulierten Paragraphen, der Arzt schmeißt mit lateinischen Vokabeln um sich bis dem Patienten schwindlig wird und der nerdige Coder spricht sowieso seine eigene Sprache. Unter den PR-Beratern gibt es von jeher Kollegen, die gern die Kommunikation als Wissenschaft positionieren. Krampfhaft wird in unendlichen Theorien bewiesen, welch komplexe Materie die PR denn sei. Ich muss darüber immer ein bisschen schmunzeln, denn seien wir uns doch ehrlich, Rocketscience ist das Ganze nicht...Für mich ist PR ein Handwerk, ein lässiges Handwerk, ein spannendes Handwerk, aber ein Handwerk. 

Es g'hört einfach mehr geküsst - und warum Albert Einsteins Spirit bis heute den PR-Alltag prägt

Albert Einstein war ein kluger Mann...gut, der Newswert dieser Aussage ist jetzt nicht rasend hoch...und der Bezug zur PR ist auch noch nicht klar...Gerade der Mann, der vielen von uns – ich würde meinen, fast allen – im Physikunterricht mit seiner Relativitätstheorie wahrlich Kopfzerbrechen bereitet hat, hat eine der wichtigsten und schönsten Aussagen formuliert: „Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden.“ Ein wundervoller Satz. Denn er bringt es auf den Punkt. Ich habe viele Jahre für IT-Unternehmen gearbeitet und mit Entwicklern und Produkt-Managern unzählige Briefing-Stunden verbracht, damit ich sie verstehe, das Produkt verstehe, den Nutzen verstehe. Denn nur dann kann ich es weitergeben, an den Journalisten, an den Leser, an die Zielgruppe. Die Simplifizierung ist das PR-Prinzip. Und Simplifizierung funktioniert nur, wenn man das Ding vorher verstanden hat. So kann man das tun, was man tun muss: short and simple die Geschichte erzählen...und damit sind wir bei der PR-Grundregel Nummer eins: KISS – Keep it short and simple!

Die Welt ist richtig schön außerhalb der Nachrichten - ein Plädoyer für mehr Optimismus

In den letzten Tagen hatte man fast Angst in der Früh seinen Facebook-Newsfeed durchzuscrollen, orf.at aufzumachen oder Café Puls anzusehen...was ist schon wieder passiert? Wo war diesmal der Schauplatz des Grauens? Die Negativschlagzeilen überschlagen sich, eine Katastrophe folgt auf die nächste, wir sind schon fast unfähig mitzutrauern...Weltuntergangsstimmung wo man hinschaut... Dabei gibt’s so viele schöne Dinge...motivierte Sportler, die zu Olympia fahren, engagierte Unternehmer, die in ihre Ideen investieren, begnadete Sänger, die mit ihrer Stimme einfach Menschen Freude machen möchten... Seitdem ich PR-Berater bin, habe ich viele solcher Menschen kennen gelernt, und ich erzähle gern ihre Geschichten. Positive Geschichten. PR ist das Business der Optimisten. Wir versuchen immer die schönste Geschichte in der besten Version zu erzählen. Denn die Welt da draußen braucht schöne Geschichten, denn die Welt da draußen ist viel mehr als nur die nächste Schreckensmeldung in den Nachrichten.

 

Schmeiß die rosarote Brille weg - ein Plädoyer für die echten Geschichten

Der Superlativ – die Lieblingsform der Marketiers. Es muss immer das cremigste Eis, das weißeste Lächeln, die schärfste Klinge, das schnellste Auto und die innovativste Lösung sein...Der Marketier liebt es, vollkommen frei von gesunder Reflexion und fern ab der Realität seine Produkte anzuwerben und in höchsten Tönen zu loben. Getoppt wird das Ganze nur vom Werbetexter, der uns verspricht, dass die eingetrockneten Rotweinflecken bei 20 Grad aus dem weißen Seidenkleid rausgehen...die Wahrheit ist ein dehnbarer Begriff und wird in den unterschiedlichen Disziplinen unterschiedlich strapaziert. Und hier krachen dann gern die Welten aufeinander – wenn der Marketier meint, PR zu machen und nicht versteht, dass von dem absolut übertriebenen Anpreisen, nur die Glaubwürdigkeit schwer in Mitleidenschaft gezogen wird und das ganze Unterfangen damit kontraproduktiv wird. Wir PR-Pros haben oft den Ruf, dass wir ein bisschen langweilig sind. Nein, wir sind nicht langweilig, wir sind faktenorientiert, wir erfinden nicht das Blaue vom Himmel und tragen nicht die rosarote Brille der Marketingkollegen. Wir formulieren gern unaufgeregt, unsere Texte, Messages und Stories sind stringent und nachvollziehbar, und wir versuchen dabei die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Gute Kommunikation muss bei Gott nicht marktschreierisch sein...wie einst der Gurkenhobelverkäufer vor dem Kaufhaus Steffl oder heute die Moderatorin vom Homeshopping-Kanal, die mir die Jeansleggins anpreist, die mich drei Kleidergrößen schlanker zaubert.

Denn wir haben nur ein Ziel, das Unternehmensziel - warum PR nicht zum Selbstzweck verkommen darf

Es liegt in der Natur der Dinge, dass jeder seine Branche, seinen Berufszweig, seine Aufgabe als Nabel der Welt betrachtet. „Ohne meinen Beitrag würde die Company einfach nicht laufen“... der Controller sagt, es geht nur um die Zahlen, der Verkäufer, es geht nur um die Lead-Generation, der HR-Chef, es geht nur um die Mitarbeiter, und für den PR-Verantwortlichen dreht sich die Welt um Coverage, Clippings, Postings und Medien-Präsenz. Was wir dabei gern aus den Augen verlieren, ist der eigentliche Sinn und Zweck. Kommunikation ist Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck. Das Kommunikationsziel muss vom Unternehmensziel abgeleitet werden. Das wird in der Hitze des Gefechts oder einfach im schnöden Alltag gern vergessen. Wo will ich mit der Company hin, in welche Richtung möchten wir sie ausrichten und weiter entwickeln, wer ist meine Zielgruppe... Und: Welchen Beitrag kann die PR auf diesem Weg leisten? Das macht nach meiner tiefsten Überzeugung eine erfolgreiche Kommunikation aus. Sonst schießen wir uns selbst ins Out...