Twitter

Think first, tweet later - über die Tücken der Echtzeit-Kommunikation

17 Freigabeschleifen, das Go der Rechtsabteilung einholen, Inhalt und Wording mit „den Globalen“ abstimmen...als Pressesprecher und PR-Verantwortlicher leidet man seit Jahrzehnten unter mühsamsten und meist vollkommen sinnentleerten Freigabeprozessen...vollkommen sinnentleert...hmm, manchmal ist es vielleicht doch besser einen zweiten Blick auf eine Aussage zu werfen, bevor man sie in die Welt rausposaunt. Es gibt so Patienten, die uns jeden Tag die Tücken der Echtzeit-Kommunikation deutlich vor Augen führen. Der Godfather der übereilten Tweets ist freilich der zwitschernde US-Präsident. Tesla-Gründer und vielfach gefeiertes Wunderkind Elon Musk steht ihm bald um nichts mehr nach. Sein Aprilscherz ist schon kräftig in die Hose gegangen und sein Tweet, Tesla von der Börse zu nehmen, hat ihm nun Klagen eingebracht. Liebe mächtige Männer – nein, ich muss hier offensichtlich nicht gendern – ein Tweet ist eine Veröffentlichung und euer Wort hat Gewicht, egal über welchen Kanal ihr kommuniziert. Auch wenn es manchmal verführerisch scheint, jederzeit und überall informieren und kommunizieren zu können, sollte man sich immer der Konsequenz seiner Aussage bewusst sein. Deshalb meine Empfehlung: think first, tweet later!

#simplicity - Kommunikation wird immer einfacher und warum das so schwierig ist

„Kannst du mir das in drei Sätzen runterbrechen“...Was heißt das im Klartext?...Was ist die Essenz?...die ausführlichen Beschreibungen und Berichte in epischer Breite wurden schon lang durch Management-Summaries & Co ersetzt. Mit dem Siegeszug der sozialen Medien ist die Entwicklung noch einen Schritt weitergegangen und fordert uns Kommunikatoren erneut heraus. Der Leser – falls Leser hierfür noch das richtige Wort ist – will auf einen Blick, am besten in einem Wort die Message geliefert bekommen. Jetzt heißt’s die Geschichte in 140 Zeichen, in einem Bildtext, einem Facebook-Post oder in einem Instagram-Hashtag unterzubringen. In einem Hashtag die Story erzählen? Puh, nicht so leicht...aber nicht unmöglich...Wir müssen nur das machen, was wir immer schon gemacht haben: simplifizieren...die Story eindampfen...die richtigen Worte...pardon: das richtige Wort finden...und einen Hashtag davor setzen...#longstoryshort

 

Warum das Was vollkommen überschätzt ist und es immer ums Warum geht

Wir stellen die falschen Fragen und wir geben die falschen Antworten...intuitiv und viel zu oft. Die Antwort auf die Frage, was wir machen, ist selten der pure Nervenkitzel. Die Story – und ihr wisst, ich liebe Storys – beginnt damit, warum wir es machen. Wenn wir das Warum erzählen, haben wir den Journalisten, das Publikum, die Facebook-Fans und Twitter-Follower schon fast in der Tasche. Ganz egal welche Branche oder welches Produkt...Es funktioniert immer: Ich biete ERP-Lösungen für den Mittelstand oder: Ich will KMUs dabei unterstützen, zu den Digitalisierungs-Gewinnern zu gehören. Ich verkaufe Yoga-Pants oder: Ich entwickle die bequemste und flexibelste Sporthose, die vom herabschauenden Hund über die Krähe bis hin zu Sawasana jede Bewegung mitmacht, sich dabei super angenehm anfühlt und mich dabei verdammt sexy aussehen lässt. Ich verkaufe Espresso oder: Ich will mitten in Wien, allen Italophilen ein Zuhause bieten und die italienische Kaffeekultur leben...Ich schreib einen PR-Blog oder ich will Einblicke in die Welt der Kommunikation geben...Fragen wir doch öfter Mal nach dem Warum...und wenn wir nach dem Was gefragt werden, erzählen wir trotzdem das Warum...Und damit sind wir mitten in der Interview-Schulung: Botschaften setzen statt Fragen beantworten!

 

Commander in Tweet - Müssen wir mit Trump die PR-Lehrbücher etwa neu schreiben?

Ich bin bekennender PR-Fan. Ok, irgendwie logisch bei meiner Profession. Ich bin von der Wirkung der PR-Arbeit überzeugt. Ich glaube an die Gesetze der Kommunikation. Wenn man sie befolgt und ein einigermaßen charismatischer, intelligenter und interessanter Mensch ist, wird man damit erfolgreich sein...dachte ich...aber einer hat alle Regeln außer Kraft gesetzt...und wenn ich sag alle, meine ich alle: Lächeln, positive Ausstrahlung, nicht grantig und mieselsüchtig in die Kamera blicken, niemanden öffentlich angreifen oder beleidigen, schon gar keine beliebten Stars...und um Himmels Willen keine Journalisten. Ja nicht die Journalisten, weder bei Pressekonferenzen noch auf Twitter. Über den Twitter-Account müssen wir sowieso sprechen. Das Web vergisst nie. Da müssen alle 140 Zeichen sitzen...jedes einzelne, jedes Mal. Nie aus einer Laune heraus die Sozialen Medien bedienen. Das kann ordentlich schiefgehen. Und dann kommen wir zu den Inhalten. Positiv-Themen spielen, Lösungen anbieten, Konzepte vorlegen, stringent argumentieren. Meinung haben – unbedingt – aber bitte nicht täglich ändern. So, ich könnte ewig weitermachen. Das alles sind Spielregeln in der Kommunikation. Wer sich nicht daran hält, wird untergehen, erklären wir jeden Tag. Nur ist jetzt alles irgendwie anders: Da hat tatsächlich jemand alle Gesetze der PR gebrochen und war damit ziemlich erfolgreich – sonst wäre er jetzt nicht der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Also hat er irgendwas richtig gemacht...und ich komme nicht umhin mich zu fragen, müssen wir die PR, wie wir sie kennen und betreiben, hinterfragen und die Lehrbücher mit Trump neu schreiben?

 

Think globally, act hillbilly - warum PR ein lokales Business und Twitter bei uns ganz was anderes ist

„Bei uns geht das via Twitter raus.“ – „Fein, aber das wird hier nicht funktionieren“...So, oder so ähnlich habe ich in naher und ferner Vergangenheit die eine oder andere Konversation mit globalen Companies geführt. Es ist schon ein faszinierendes Faktum, dass ein und dasselbe Medium im gleichen Kulturkreis so ganz unterschiedliche Funktionen hat. Von Bedeutung wollen wir gar nicht sprechen. Ich finde, bei Twitter sieht man das ganz besonders eklatant. In der USA erfüllt Twitter die Rolle eines Nachrichtendiensts. Stars, Sternchen, Politiker, Unternehmen „veröffentlichen“ via Twitter...so wie man bei uns eine Presseaussendung in die APA stellt. Twitter ist in den USA, in UK bis hin nach Südafrika ein Massenmedium, bei uns eine ganz andere G’schicht...die lokale Twitteria ist eine eigene Gesellschaft. Gerade Mal 150.000 User nutzen in good old Austria Twitter. Zum Vergleich: 3,7 Millionen Österreicher liken, sharen und kommentieren auf Facebook. Aber zurück zu Twitter und zur Twitteria...um ZiB 2-Anchor Wolf hat sich eine Gruppe von politisch sehr korrekten und moralisch freilich hochstehenden „Intellektuellen“ – sorry für die Anführungsstriche – geschart und kommentiert die Welt mit 140 Zeichen. Die Funktion von Twitter ist damit eine komplett konträre zu einem Nachrichtendienst. Das muss man verstehen oder wissen, wenn man mit Twitter lokal arbeiten möchte. Lokales Know-how ist unerlässlich. Bei aller Globalisierung ist und bleibt PR eine lokales Business. Ja, man kann, soll und muss eine Marke und ein Unternehmen global ausrichten, und ja, man kann, soll und muss lokal agieren – think globally, act hillbilly! Und soll ich jetzt den Blog auf Twitter stellen...was meint ihr?

 

"Wow, wie lässig" oder I like - was soziale Medien mit sozialer Kompetenz zu tun haben

Die einen diskutieren wild auf Twitter, die anderen posten ihre perfekten Gym-Selfies auf Instagram, die nächsten teilen ihren Status auf Facebook und informieren so ihre Freunde oder eben Facebook-Freunde über ihren Gesundheits-, Geistes- und Gemütszustand. Die einen haben viele Fans, die anderen werden aufs Dinglichste ignoriert. Warum? Warum finden sich die einen in der Welt der sozialen Medien so gut zurecht und die anderen so gar nicht? Und es gibt noch immer jene, die nicht so recht wissen, was sie da tun sollen? Alles ganz simpel. Soziale Medien sind nichts anderes als eine eigene soziale Umgebung – wie eine Bürogemeinschaft, ein Tennisclub oder ein Stammtisch. Und damit ist das Geheimnis gelüftet: Menschen mit sozialer Kompetenz und genügend Empathie können sich in der einen wie in der anderen Welt zurechtfinden. Wer am Egotrip ist und einen auf hoffnungsloser Selbstdarsteller macht, wird in der einen wie in der anderen Welt nicht rasend beliebt sein. Wer die sozialen Medien als Dialogmedien versteht – was sie eigentlich sind – und dort wie im analogen Leben interagiert, wird hier wie dort geschätzt. Drum lass uns die Urlaubsfotos von den Malediven liken und die Berg-Pics von der Himalaya-Expedition kommentieren...so wie wir einst beim Dia-Abend die Bilder unserer Freunde mit „wow, is das lässig...da warst du?“ kommentiert haben – und freuen wir uns, wie kurzweilig Facebook-Checken im Vergleich zu Dia-Abenden ist...